Porträt Pater Xaver Berchtold

Veröffentlicht am: 25. März 2025

Es ist ein bewegtes Leben auf das Salesianer-Pater Xaver Berchtold heute mit 86 Jahren zurückblickt. Ein Leben, das von vielen Orten geprägt ist, von vielen Menschen, denen er begegnete und den Jugendlichen, die er bis heute mit Liebe und Fürsorge auf ihrem Weg begleitet.

Ich wurde im März 1939 in der Nähe von Memmingen geboren und bin mit meinen Geschwistern auf dem Bauernhof meiner Eltern aufgewachsen. Meine Kindheit war geprägt vom dörflichen Leben im Allgäu und meinem katholischen Umfeld. Vier meiner Tanten waren Ordensfrauen, so dass mir das Thema schon früh vertraut war. Gute Erinnerungen habe ich an einen Flüchtlingspfarrer, der in unserer Dorfschule Religionsunterricht gab.

Meine Mutter wünschte sich auch für mich einen kirchlichen Beruf und brachte mich in der fünften Klasse zu einer Aufnahmeprüfung in die Benediktinerabtei St. Ottilien. Ich erinnere mich, wie groß und einschüchternd dieses Kloster auf mich wirkte. Wahrscheinlich ist es gut, dass ich die Prüfung nicht bestand, denn so kam ich zu den Salesianern ins Marianum Buxheim. Dort lief alles viel unkomplizierter ab.

Das Marianum war ein humanistisches Gymnasium mit Jungeninternat - bis zur zehnten Klasse. Dort trat ich im September 1950 (?) ein. Die erste Zeit war schwierig für mich. Die Schule lag zwar nur 20 Kilometer von meinem Heimatdorf entfernt, aber ich kam trotzdem nur selten nach Hause. Ich hatte Heimweh, vermisste meine Familie, den Hof, die Kühe. Mit der Zeit kam ich besser mit dem Abstand klar.

Meine ersten Schritte in den Orden

Das Schulleben war sehr abwechslungsreich. Wir machten Musik, Sport und spielten Theater. An den Wochenenden gab es viele gemeinsame Ausflüge und Aktivitäten. Uns war klar, dass die Schule uns auf einen möglichen Eintritt in den Orden vorbereiten sollte. Wir lebten mit den Patres zusammen, hatten einen guten Einblick ins Ordensleben und der Weg schien vorbestimmt. Tatsächlich gingen 1958 nach der Mittleren Reife 21 von 26 Jungen ins Noviziat, das ist heute nicht mehr vorstellbar.

Diesen Schritt gemeinsam mit Freunden zu gehen, hat es leichter gemacht. Trotzdem waren die folgenden Jahre herausfordernd. Zunächst ging es für die Oberstufe und das Abitur nach Benediktbeuern, dann für zwei Jahre zum Praktikum in ein Internat bei Salzburg. Schließlich folgte das Studium der Theologie und Philosophie in Benediktbeuern und nach einigen Wochen als Diakon in München das Abschlussjahr. 1968 wurde ich dann zum Priester geweiht.

Es waren zehn Jahre meines Lebens, in denen ich mich immer wieder neu für den Orden entscheiden musste. Hin und wieder ging einer von uns, um einen anderen Beruf zu ergreifen. Auch ich habe meinen Weg oft hinterfragt und versucht herauszufinden, ob ich ihn nicht aus Bequemlichkeit gehe. Aber es gab vieles, was mich bestärkte.

 

Der Orden ist mein Zuhause und ich habe meine Entscheidung nie bereut.

P. Xaver Berchtold

Zum Beispiel ein Satz, den ich im Noviziat hörte: „Klage nicht, du musst im Herzen Heimat tragen, für andere, die viel ärmer sind als du.“ Er spiegelt die salesianische Mentalität und ich finde mich darin gut wider. Die Arbeit mit Jugendlichen ist für mich immer das Wichtigste gewesen. Deshalb war auch mein Praktikum im Internat eine prägende Erfahrung. Gerade hatte ich noch selbst in der Schulbank gesessen und nun musste ich vor Schülern bestehen. Keine leichte Aufgabe, aber ich habe es geschafft.

Die Zeit unserer Priesterweihen habe ich als spannend und freudig in Erinnerung. Wir besuchten uns gegenseitig, um unsere ersten Messen mitzufeiern. Nun war ich klar als Geistlicher erkennbar und das in einer Zeit, in der die Menschen begannen, Kirche kritisch zu hinterfragten. Es gab viele herausfordernde Gespräche, zum Beispiel über die Haltung von Papst Pius zur Empfängnisverhütung. Nicht immer einfach, aber ich habe mich über das Interesse gefreut.

Mein Leben mit den Gelübden

Als Ordensmann verspricht man Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam. Mit der Armut hatte ich kein Problem, da ich nie eigenes Geld verdient hatte. Ehelos zu leben, war da schon eine größere Hürde, denn natürlich hatte ich auch Umgang mit Frauen und erlebte Männer im gleichen Alter, die Freundinnen hatten. Einmal musste ich eine Frau zurückweisen, die sich Hoffnungen gemacht hatte. Das tat mir von Herzen leid. Aber ich war mir sicher, dass der Orden mein Weg ist.

Als Salesianer wird man regelmäßig versetzt. Ich war zunächst in Buxheim an meiner ehemaligen Schule eingesetzt und zog dann ins 300 Kilometer entfernte Pfaffendorf. Es folgten elf Jahre Furtwangen, zehn Jahre Regensburg, neun Jahre Bamberg, vier Jahre Augsburg. Dann nochmal 17 Jahre Buxheim und seit 2018 lebe ich in Würzburg. Es ist abwechslungsreich, aber nicht immer leicht zu wechseln. Manchmal fällt der Abschied schwer.

So wie in Furtwangen im Schwarzwald. Dort lebte ich als Betreuer in einem Wohnheim für Lehrlinge und Studierende. Gleichzeitig habe ich an der Hauptschule Religionsunterricht gegeben. Mit den Schülern bin ich regelmäßig gewandert, wir machten Hüttenwochenenden und saßen am Lagerfeuer. Auch in der Gemeinde war ich aktiv, habe Ehevorbereitungskurse gegeben, Paare getraut und Kinder getauft. Es waren schöne Aufgaben.

Ich fühlte mich heimisch und als ich nach Regensburg versetzt wurde, waren wir alle traurig. Natürlich habe ich Kontakt gehalten und kam auch zu Besuch, aber es war nicht mehr das Gleiche. Trotzdem will ich meine Erfahrungen aus Regensburg nicht missen. Dort betreute ich eine Gruppe in einem Jungenwohnheim. Nebenan gab es ein Mädchenheim, zu dem wir gute Kontakte pflegten. Eine Jugendliche hatte dort ein Baby bekommen und verlor es im Kindbett.

Wir kannten uns und so rief sie mich an diesem Morgen verzweifelt an. Ich blieb in dieser schweren Zeit an ihrer Seite. Daraus ist eine enge Verbindung entstanden, die heute, viele Jahrzehnte später, noch besteht und uns beiden wichtig ist. Es ist schön zu sehen, dass sie diese schwere Zeit hinter sich gelassen hat und ihr Leben mittlerweile meistert. Auch wenn man als Pater keine eigene Familie hat, so kann man anderen Menschen trotzdem nah sein, ihnen Orientierung und Halt geben.

Für junge Menschen da sein

Don Bosco, der Gründer des Salesianerordens, begegnete Heranwachsenden mit Liebe und Fürsorge und widmete sein Leben ihrer Erziehung und Betreuung. Diese Aufgabe hat auch mein Leben bis heute geprägt und mit Sinn erfüllt. Derzeit erlebe ich meinen „Unruhestand“ im Don Bosco Bildungszentrum in Würzburg. Hier leben wir mit psychisch beeinträchtigten Jugendlichen zusammen und begleiten junge Menschen mit Förderbedarf auf ihrem Weg in den Beruf. Wir geben ihnen einen Lebensrahmen und zugleich den Raum, ihre persönlichen Stärken zu entfalten.

Wenn ich auf mein Leben als Salesianer zurückblicke, kann ich sagen, dass es voll besonderer Begegnungen und wertvoller Erfahrungen war. Zeichen Gottes, der solche Dinge kommen lässt - auch mitten im Alltag, wenn man gar nicht damit rechnet. Der Orden ist mein Zuhause und ich habe meine Entscheidung nie bereut. Ich weiß noch nicht, wo ich die letzten Jahre meines Lebens verbringen werde, aber ich weiß, dass ich gut versorgt sein werde.

Die Bilder sind in Würzburg entstanden. Hier treffen sich die Salesianer an zwei Abenden in der Woche mit den Jugendlichen im Gemeinschaftsraum, spielen Karten, kickern und reden.